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DIE ERSTE "HETZSCHRIFT" IST DA!!!

Bitte lesen und schreibts mir, was ihr davon haltet! Danke!

 

 

 

 

Zur Ökonomisierung von Bildung

Wie das Gift des Neoliberalismus im Bildungsbereich zu wirken beginnt...

 

Es darf wieder gewählt werden! Eine schicksalhafte Wahl liegt vor uns, hält uns in Atem, kostet viele von uns einiges an Nerven.

Die politische Entwicklung seit der Jahrtausendwende, die bezeichnenderweise einhergeht mit einer anderen „Wende“, die Machenschaften einer Unzahl an MinisterInnen, eine allzu zahme, teilweise orientierungslose Opposition und globale (und oft fatale) Entwicklungen in der Gesellschaft bringen es mit sich, dass es für diese Wahl in Wahrheit jeweils nur mehr zwei Wege gibt, gleich wie viele Gruppierungen und Parteien sich dem Votum der Wählerinnen und Wähler stellen: rechts oder links, konservativ-reaktionär oder progressiv-offen und – der für die Bildung wahrscheinlich entscheidendste Punkt – neoliberal-turbokapitalistisch oder marktwirschaftlich-sozial. Es wird nicht mehr darum gehen, wer Kanzler wird, wer welches Amt bekleiden wird oder wie sich die Parteien präsentieren. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir eine Entscheidung oder zumindest eine Priorität setzen müssen: Markt oder Mensch, diese beiden – ein Mittelweg war bislang nicht möglich und wird in absehbarer Zukunft nicht möglich sein.

Die ultrakapitalistischen Schlagwörter, die so freundlich von diversen Plakatwänden entgegengedonnert wurden – „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“ – können ohne großen Aufwand widerlegt werden. Trotz steigender Gewinne der Unternehmen, florierender Börsenkurse und immer mehr Geld im Umlauf steigt andererseits die Armut, klettern die Arbeitslosenzahlen in exorbitante Höhen und die Falle des sozialen Abstiegs schnappt bei immer mehr Menschen zu und droht, nicht mehr aufzugehen.

Alles Zufall? Alles von der Natur her so vorgesehen, alles Bedingung für das freie Spiel der Marktkräfte, bei dem sich Wohlstand für alle schon irgendwann einmal, vielleicht, möglicherweise, eventuell einstellen wird? Alles so, wie es die Prediger des Neoliberalismus so gerne von ihren vergoldeten Kanzeln poltern? There is no other way? Wir vergessen allzu oft, dass derartige Entwicklungen fatalste Auswirkungen auf Bildung und Erziehung haben. Zu leicht übersehen wir, dass wir bereits mit neoliberalem Gift infiziert werden, dass vor unser aller Augen und – so schlimm es auch klingen mag – unter unser aller Toleranz, Kräfte am Werk sind, welche unser Bildungswesen schlichtweg ruinieren.

Das erste Problem liegt im weitverbreiteten Glaubenssatz, dass das Bildungswesen ein Wirtschaftsbetrieb zu sein hätte und als solcher geführt werden müsste. Ohne Maß und Ziel wird Schule zusehends den Gesetzen eines vermeintlich freien Marktes unterworfen: Stunden werden gestrichen (oder nicht?), Dienstposten werden eingespart (oder nicht?), Lügen werden verbreitet (oder nicht?). Summa summarum – Kürzungspolitik wo man hinsieht (bei der Verwendung des Wortes „Sparen“ ist in einem der reichsten Länder der Welt Vorsicht geboten!), weniger Ressourcen für immer mehr und komplexere Arbeit. Alles unter dem Deckmäntelchen der „Effizienz“, denn dann geht’s auch der Wirtschaft gut und NUR dann, geht’s ja wie oben zu lesen ist uns ALLEN gut. Nun sind aber Schule und Bildungswesen von ihrer Zielsetzung her keine Wirtschaftsbetriebe (siehe „Zielparagraph“ in den österreichischen Lehrplänen). Schule stellt keine verkäuflichen Güter her. Schule hat die Aufgabe, junge Menschen auf das Leben in einer demokratischen Gesellschaft vorzubereiten. Das Ziel liegt nicht in einer für Großkonzerne „profitablen Qualifikation“, nicht in der  Ausbildung von „Humanressourcen“ sondern in der Herstellung von Grundkompetenzen in möglichst vielen Bereichen des Lebens für die KRITISCHE Auseinandersetzung mit breit gefächerten Lebenswirklichkeiten, kurz: Schule muss hinführen zu einem Höchstmaß an eigenverantwortlicher und selbstständiger Lebensführung.

Problem eins führt weiter zu Problem zwei: Wenn Bildung sich den Gesetzen des freien Marktes unterordnet (G.A.T.S. grüßt hämisch herüber), wird Schule zum Marktplatz, wird Bildung zur Ware, werden SchülerInnen zu „human ressources“ im Dienste der Unternehmen, die ihr Existenzrecht allein ihrer Rentabilität, Brauchbarkeit und Leistungsfähigkeit verdanken. Entsprechend dieser Logik diktiert das Privatkapital dem Bildungswesen Ziele und Prioritäten. Diese sind bekannt und wurden einige Zeilen zuvor genannt.. Nicht umsonst finden sich in pädagogischen Diskussionen immer mehr „außerpädagogische“ Personen wie Bankenchefs u. dgl. Wie stolz sind doch Schulen, wenn sie gemeinsam mit derartigen Personen lautstark und übereinstimmend verkünden, dass es ja kaum Unterschiede zwischen schulischen und betrieblichen Zielen gibt. Ein möglicher Auswuchs dessen: in Nordamerika geistern bereits Begriffe wie „education market“ oder – noch schlimmer – „market of pedagogical products and services“ durch die Köpfe der neoliberalen Vordenker. Erzieherische Leistungen sollen also supermarktartig angeboten und verkauft werden, wohl dem, der sich’s leisten kann! Profiteure davon werden nämlich nicht die Kinder sein, die vielleicht unsere Hilfe brauchen, nicht das Schulwesen als Ganzes, sondern groß- und immer größer werdende Konzerne im multimedialen Bereich und im Sektor der Telekommunikation, einer Branche die für ihre Härte und Zügellosigkeit bekannt ist.

Das und vieles mehr wird von Anhängern und Vertretern der neoliberalen Szene unter „Öffnung“ von Schule, unter „zeitgemäßer Schulführung“, unter „modernem Schulmanagement“ hochgejubelt.

Doch der Schein trügt. Es geht ihnen um nichts anderes als eine knallharte Ökonomisierung von Bildungseinrichtungen. Die Schulen werden dazu gezwungen, sich marktähnliche Profile anzueignen und mit den ihnen anvertrauten Kindern, jetzt „Klienten“, so umzugehen, wie es die Marktlogik erfordert: Konkurrenz schaffen, gnadenloser Leistungsdruck und ein Kosten-Nutzen-Modell, das am Ende nur unterscheidet zwischen „brauchbar“ und „wertlos“.

Es ist Skepsis angebracht beim Thema Ökonomie und Bildung.

Wenn wir uns nun überlegen, aus welchen geistigen Kaderschmieden ein Herr Grasser, ein Herr Bartenstein, ein Herr Molterer und all ihre Freunde in Industrie und Wirtschaft kommen und was sie zum Thema „Neoliberalismus“ denken und sagen, steigen im wahrsten Sinne des Wortes schwarze Wolken am Bildungshorizont auf. Wenn wir uns weiters überlegen, wer daher einer Frau Gehrer seit dem Jahr 2000 die Inhalte diktiert hat, dann müsste es eigentlich bereits aufs heftigste donnern.

Es ist nicht zu erwarten, dass sich die ÖVP in ihrem unsagbaren Machtrausch ihrer christlich-sozialen, Grundprinzipien besinnt, denn das würde heißen, dass man sich anderen gegenüber solidarisch geben müsste. Es wird, wenn sie an der Macht bleibt, so weiter gehen wie bisher: konservativ-reaktionär. Die Aktien werden steigen, der Bildungsbereich wird weiter beschnitten werden, die Gewinne der Großkonzerne werden in die Höhe getrieben, die Ressourcen für Schule und Bildung werden mit fadenscheinigen Argumenten weiter verringert werden, einige wenige werden mit Millionen jonglieren, Bildung wird kaputtgespart werden. Wir werden auch in der Bildung zwei Klassen haben: jene, die sich’s leisten können und jene, die unten durchfallen.

 

Daher:

„Notwendig ist nicht eine Ökonomisierung der Pädagogik, was ansteht ist eine Pädagogisierung der Ökonomie, ein Beitrag zum Widerstand gegen den Prozess, in dem sich die „Großen Drei“, Naturwissenschaft, Ökonomie und Technik die Zukunft unter den Nagel reißen.“ (Dieter Weiland in „Die Deutsche Schule“, Heft 4/2001)

 

 

Notwendig ist weiters eine Rückbesinnung auf die wahren Aufgaben der Schule: „Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Ent­wicklung der Anlagen der Jugend nach sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklung und ihrem Bildungsgang entsprechenden Unterricht mitzuwirken. Sie hat die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.“ (SchoG 1962,§2, genannt „Zielparagraph“)

Unter den derzeitigen Umständen können wir als Verantwortliche für Erziehung und Unterricht für die Erfüllung dieses Zielparagraphen nicht mehr garantieren.

Lassen wir die Bundesministerin selbst zu Wort kommen:

Wenn die ÖVP das Vertrauen bekommt, bin ich bereit, eine weitere Legislaturperiode zu bleiben. Es gibt große Herausforderungen.“ (Kurier, 10.6.2006)

Das Sommerloch hat seine Pforten geöffnet. Hoffentlich vergisst Österreich darüber hinaus nicht, dass im Herbst 2006 wieder gewählt werden darf und/oder besser: wer nicht mehr gewählt werden darf. Schöne Ferien!

 

Dipl. Päd. Christian Prein

vertraglich bediensteter Sonderschullehrer in Niederösterreich